Im Collagenstil ein riesiges Ohr mit Hand als Trichter geformt, zum besseren Hören mit Mann auf einer Leiter, der mit Megaphone schreit "Hörschäden sind nicht heilbar", daneben ein weinaufgerissener Damenmund
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Nach dem Motto „Viel Lärm um nichts“ denken viele Menschen, dass ein bisschen Krach ihnen nichts anhaben kann. Das rächt sich leider. Oft bleibt nur noch die Wahl zwischen gestörter Kommunikation und Hörgerät. Mit zunehmendem Lebensalter verschlechtert sich unser Hörvermögen. Daran lässt sich nichts ändern und die Einschränkungen halten sich normalerweise in Grenzen. Allerdings nur, wenn Lärm und Lebensstil das empfindliche Organ nicht zusätzlich schädigen. „Ich habe mit Anfang 60 gemerkt, dass ich meine Frau immer häufiger bitten muss, einen Satz zu wiederholen“, erinnert sich Thomas R. „Das hat sie natürlich irgendwann genervt. Das Radio habe ich immer lauter gedreht und in der Teambesprechung klang vieles verschwommen. Aber ich bin damals trotzdem nicht zum Arzt gegangen. Ein Hörgerät ist doch was für Rentner, dachte ich. Im Rückblick muss ich sagen: Das war ein Fehler. Heute verstehe ich ohne die Technik gar nichts mehr.“ Thomas R. klingt verbittert, als er das sagt.

Vorbeugen ist kein Hexenwerk

Hätte Thomas R. 20 Jahre früher daran gedacht, Gehörschutz aufzusetzen, wenn er mit der Flex arbeitet, und die kostenlosen Ohrstöpsel beim Rockkonzert konsequent verwendet, würde er das Vogelgezwitscher in seinem Garten wahrscheinlich auch heute noch mitbekommen. „Sie können durchaus vorbeugend etwas gegen eine Hörminderung im Alter tun“, bestätigt Dr. Christoph Caumanns von der BG Verkehr, Facharzt für Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde und Arbeitsmedizin. „An erster Stelle steht eine vernünftige Lebensweise mit ausreichend Schlaf, regelmäßiger Bewegung und möglichst gesunder Ernährung. Ich rate außerdem, Genussmittel zu meiden, insbesondere das Rauchen.“ Abgesehen davon kann zum Beispiel ein Schlaganfall das Hörvermögen verschlechtern, ebenso wie Ablagerungen in den Blutgefäßen (Arteriosklerose) und manche Medikamente.

Leise, undeutlich, verzerrt

Allerdings: Lärm ist die größte Gefahr für unsere -Ohren. Trifft Schalldruck häufig mit hoher Intensität auf das Trommelfell, nehmen die feinen Sinneshärchen Schaden, brechen, verbiegen oder werden ganz zerstört. Eine dauerhafte Belastung von rund 85 dB(A) gilt als gesundheitsschädlich. Im kritischen Bereich liegen zum Beispiel Motorsägen, Laubbläser, Bohrmaschinen, aber auch lauter Straßenverkehr, Hundegebell oder laute Musik. „Beim Hämmern, Bohren und Ähnlichem sollte auch bei sehr kurzzeitiger Exposition im beruflichen wie privaten Bereich Gehörschutz getragen werden“, unterstreicht Caumanns. Das klingt nach Panikmache? „Jeder muss selbst wissen, was ihm wichtig ist. Sie können sich in wenigen Minuten das Gehör ruinieren“, sagt der Fachmann trocken.

Besteht bereits eine Schwerhörigkeit, ist ein Termin in der Hals-Nasen-Ohren-Arzt-Praxis unumgänglich. Wer weniger hört, hat weniger Sinneswahrnehmungen und weniger Anregungen – und wenn das Gehirn unterfordert wird, arbeitet es allmählich schlechter. „Auch deswegen ist das Tragen eines Hörgeräts im Frühstadium häufig angezeigt“, so Caumanns. 

Prävention am Arbeitsplatz

In unseren Mitgliedsunternehmen gibt es zahlreiche Arbeitsplätze, an denen der Schutz vor Lärm als Maßnahme der Prävention unbedingt erforderlich ist. „Da denkt man zuerst an einen Flugplatz, eine Werkstatt oder den Maschinenraum“, sagt Ferris Fensky, der neue Referent für Lärm und Vibration bei der BG Verkehr. „Allerdings gibt es auch ganz andere Situationen, in denen Maßnahmen zur Lärmminderung und das Tragen von persönlichem Gehörschutz sinnvoll sein können: In einem Großraumbüro können auch Geräusche, die deutlich unterhalb der Schwelle zur Gehörschädigung liegen, die Konzentration stören und das Wohlbefinden beeinträchtigen – besonders bei anspruchsvollen geistigen Tätigkeiten. Solche Lärmeinwirkungen können zu Stress, mentaler Ermüdung und sinkender Leistungsfähigkeit führen, wobei sich gerade der Stress negativ auf die Gesundheit auswirken kann.“

Eine Hörminderung kann auch das Erkennen bzw. Orten von Warnsignalen erschweren. Ebenso problematisch ist ein Hörverlust, wenn an Arbeitsplätzen ein korrektes Sprachverstehen erforderlich ist, zum Beispiel im Funkverkehr. Last, but not least: Menschen, die schlechter hören, bemerken eventuell auch die oft leisen Elektrofahrzeuge im Straßenverkehr später.

Lauter gute Gründe also, rechtzeitig auf sich aufzupassen. Und davon abgesehen: Wie öde wäre die Welt, wenn Sie ein fröhlich glucksendes Kinderlachen nicht mehr hören könnten? 

Dorothee Pehlke
Redaktion SicherheitsProfi