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Wenn sich die Kolleginnen und Kolle­gen aus dem Präventionsdienst der BG Verkehr über ihre Erfahrungen bei Besich­tigungen austauschen, geht es manchmal lebhaft zu: „Der Zugang war überhaupt nicht vernünftig gesichert.“ – „Die Gangway en­dete an den Schienen, das war die reinste Stolperfalle.“ – „An der Treppe gab es kein Geländer.“ Und so weiter. Wir haben deshalb beschlossen, einen Artikel zu dem eigentlich bekannten Thema „Wie sollte ein sicherer Zugang aussehen?“ zu schreiben.

Verantwortung verpflichtet

Nicht nur die Seeleute an Bord sind auf einen sicheren Zugang angewiesen. Diverse Dienst­leistende, Beschäftigte der Reedereien oder Gäste müssen darauf vertrauen können, dass sie bei Wind und Wetter gefahrlos an Bord kommen. Das gilt, egal ob der Zugang von Bord aus oder von der Landseite eingerich­tet wurde. Gute Seeleute erlauben sich keine Nachlässigkeit, denn das kann am Arbeits­platz Schiff verheerende Folgen für sie selbst oder andere haben. Warum wir auf diese all­seits bekannte Regel guter Seemannschaft hinweisen, zeigt das folgende Unfallbeispiel.

Die vordergründige technische Ursache die­ses schweren Unfalls brauchten wir nicht lan­ge zu suchen: Es gab keinen geeigneten Halt beim Zugang zum Deck des Seeschiffs! Die Handläufe waren heruntergezogen und daher nicht nutzbar. Außerdem waren sie so breit, dass man sie mit den Händen nicht umfassen konnte. Dieses Problem hätte bei der Einrich­tung der Pforte festgestellt und leicht beho­ben werden können. Wenn es keine geeigne­ten Haltegriffe gibt, werden zum Beispiel zwei festsetzbare Stützen angebracht. Dort kann man sich mit beiden Händen gut festhalten. Aber die Verantwortlichen verzichteten auf diese einfache Maßnahme – warum?

Wer glaubt, es handle sich bei diesem Ar­beitsunfall um eine seltene Ausnahme, täuscht sich leider. Nicht sachgemäß ein­gerichtete Überstiege sind bereits mehrfach dokumentiert. Und damit werden Menschen gefährdet, die mit dem Riggen der Lotsen­leiter nichts zu tun hatten. Sie müssen die Bequemlichkeit oder Nachlässigkeit ande­rer manchmal teuer bezahlen. „Vorsicht ist die Mutter der Porzellankiste“, sagt Stephan Schinkel, der das Referat Seeschifffahrt bei der BG Verkehr leitet. „Ich empfehle jedem, eine gründliche Sichtprüfung vorzunehmen, bevor er den Zugang zu einem unbekannten Schiff nutzt.“

Verantwortung unterschiedlich geregelt

Auf Schiffen unter deutscher Flagge ist die Rechtslage eindeutig. In der DGUV Vor­schrift 84 – Unfallverhütungsvorschrift „See­schifffahrt“, § 4, Absätze 1 und 2 – wird sehr konkret benannt, dass die Unternehmenslei­tung dafür zu sorgen hat, dass ein Fallreep, ein Landgangsteg oder eine sonstige geeig­nete Vorrichtung vorhanden ist, um den si­cheren Zugang zum Schiff zu gewährleisten. Ein sicherer Zugang muss auch bei wech­selnden Umgebungsbedingungen erhalten bleiben. Allerdings wird manchmal die Land­verbindung nicht von der Besatzung, son­dern vom Personal des Terminals oder durch Dritte eingerichtet. In diesen Fällen muss die Unternehmensleitung in Zusammenarbeit mit dem Bereitsteller gewährleisten, dass die Anforderungen an den sicheren Zugang erfüllt werden. Ob die Bereitsteller die Ver­antwortung tragen, hängt im Einzelfall von der Rechtslage im jeweiligen Gastland ab, in dem sich das Schiff befindet. Gut zu wissen: Auf deutschem Gebiet tragen in jedem Fall auch die Bereitsteller eine Verantwortung für die Sicherheit und die bestimmungsgemäße Verwendung der Landverbindung.

Handeln, bevor ein Unfall passiert

Wir halten fest: Arbeitsunfälle bei der Benut­zung des Zugangs zum Schiff sind keine Sel­tenheit. Das betrifft nicht nur Seeleute, son­dern auch Menschen, die als Dienstleistende an Bord kommen. Es gilt, die Beschäftigten dafür zu sensibilisieren, hier keine unnötigen Risiken einzugehen. Rein technisch betrach­tet kann ein Zugang nur sicher sein, wenn bei der Einrichtung alle Umgebungsbedingungen berücksichtigt werden.

Alle betroffenen Unternehmen aus der See­schifffahrt und Fischerei müssen im Rahmen ihrer Gefährdungsbeurteilung festlegen, wie zu verfahren ist, wenn ein Zugang zu einem Schiff nicht sicher ist. Die regelmäßig stattfindenden Unterweisungen im Arbeits-und Gesundheits­schutz sind der geeignete Rahmen, um die Probleme der Beschäftigten mit unsicheren Zugängen zu besprechen. Anschließend legen die Verantwortlichen Maßnahmen zur Behe­bung der Missstände fest und kontrollieren deren Umsetzung und Wirksamkeit.

Hannes Riemenschneider
Aufsichtsperson im Referat Seeschifffahrt bei der BG Verkehr