
Ein Palettenstapel kippt um und ein Mitarbeiter stürzt zu Boden. Der Fuß schmerzt und er geht nach Hause. Drei Tage später wird im Krankenhaus eine Prellung festgestellt. Hätte die Führungskraft dafür sorgen müssen, dass der Verletzte sofort ins Krankenhaus kommt? Hätte ihn jemand fahren sollen?
Die DGUV Vorschrift 1 „Grundsätze der Prävention“ verpflichtet Unternehmerinnen und Unternehmer dazu, für den sachkundigen Transport von Verletzten zu sorgen. Was bedeutet das genau? „Sachkundig“ heißt, dass die Führungsverantwortlichen beurteilen müssen, wie schwer eine Verletzung ist und was das für den Transport des Unfallopfers bedeutet (siehe DGUV Regel 100-001 „Grundsätze der Prävention“, 4.6.3 „Allgemeine Pflichten des Unternehmers). Ist die betroffene Person noch gehfähig? Gibt es ein geeignetes Transportmittel? Im oben genannten Beispiel war es in Ordnung, dass der Mitarbeiter selbstständig das Krankenhaus aufsuchte. Ein Krankenwagen wäre übertrieben gewesen. Aber was, wenn Unsicherheit herrscht? Wenn jemand zum Beispiel wegen einer Prellung starke Schmerzen hat und dennoch allein nach Hause fahren will oder Kreislaufprobleme sowie Schock nicht ausgeschlossen werden können?
In solchen Fällen ist es ratsam, auf Nummer sicher zu gehen und eine Expertenmeinung einzuholen. Zum Beispiel kann das Personal eines herbeigerufenen Krankenwagens helfen, schlimmere Folgen zu verhindern.
Nicht fahrtüchtig
Ein weiteres Beispiel: Ein Elektriker erleidet während einer Reparatur einen Stromschlag, setzt seine Arbeit jedoch fort – bis er Kreislaufprobleme bekommt. Stromschläge können gefährlich sein und Herzrhythmusstörungen verursachen. Anstatt Notärztin oder Notarzt zu rufen, brach der Elektriker seine Arbeit ab und fuhr eigenständig ins Krankenhaus. In diesem Fall wäre es richtig gewesen, einen Rettungswagen zu rufen. Denn: „Nach einem Stromunfall mit Kreislaufbeschwerden darf niemand selbst ins Krankenhaus fahren“, erklärt Thomas Seifert, Aufsichtsperson bei der BG Verkehr. „Wenn der Verletzte beim Fahren erneut Kreislaufprobleme bekommt, kann er sich und andere Verkehrsteilnehmende gefährden.“ Notärztin oder Notarzt hätten sachkundig entschieden und so nicht nur den Elektriker, sondern auch Verkehrsteilnehmende geschützt.
„Ob die verunfallte Person dabei begleitet werden muss, hängt von der Schwere der Verletzung ab.“
Bei kleineren Verletzungen, die zwar das Weiterarbeiten behindern oder unmöglich machen, aber nicht schwerwiegend oder bedrohlich sind, genügt es oft, mit einem Pkw oder Taxi zu einer Ärztin oder einem Arzt zu fahren. „Ob die verunfallte Person dabei begleitet werden muss, hängt von der Schwere der Verletzung ab. Klagt sie über Schmerzen oder Übelkeit, dann sollte sie nicht allein gelassen werden“, erklärt Seifert. Wichtig zu wissen: Die Verantwortung für den richtigen Transport liegt immer bei der Unternehmerin oder dem Unternehmer. Er oder sie können allerdings Personen benennen, die in Unfällen entscheiden, wie gehandelt wird, zum Beispiel Ersthelferinnen und Ersthelfer. Oder es wird ein klarer Plan in der Gefährdungsbeurteilung festgelegt. Auch eine direkte Ansprache des Themas in den Unterweisungen hilft im Notfall.
Dr. Marc Sgonina
Redaktion SicherheitsProfi
Weiterführende Informationen
Erste Hilfe
Unterweisungskarte A2 der BG Verkehr