Hand aufs Herz: Wissen Sie, ob ihr privater Pkw einen Notbremsassistenten hat? Stellen Sie sich vor, Sie verlassen sich darauf, dass der Assistent bis zum Stillstand bremsen kann – und dann ist ein System verbaut, das Sie nur zum Teil abbremst. Die Entwicklung der Fahrerassistenzsysteme hat im vergangenen Jahrzehnt große Schritte gemacht, bei Pkw genauso wie bei Transportern und Lkw. Gleichzeitig liegt das Durchschnittsalter von Nutzfahrzeugen laut aktuellem TÜV-Report bei etwa neun Jahren. Viele Transporter und Lkw unterscheiden sich rein optisch kaum zwischen den einzelnen Modelljahren und haben doch teilweise völlig unterschiedliche Generationen von Technik verbaut.
Bestandsaufnahme
Solange in der Flotte absolut identisch ausgestattete Fahrzeuge fahren, mag im ersten Anschein noch alles in Ordnung sein. Intensiver vorbereiten muss man sich, wenn mehrere verschiedene Modelle oder Modellgenerationen im Fuhrpark sind. „Egal, ob für das Unternehmen zwei oder zweihundert Lkw, Transporter oder Busse im Einsatz sind: Die Beschäftigten müssen über die Besonderheiten der einzelnen Modelle und Grenzen der verbauten Systeme im Bilde sein“, sagt Hans Heßner, Fachreferent für Straßenverkehr und Fahrzeuge bei der BG Verkehr. Denn das hat direkte Folgen für die Einweisung in die Technik und die regelmäßigen Unterweisungen. Alle Fahrerinnen und Fahrer müssen sich mit den eingesetzten Arbeitsmitteln auskennen, das heißt: Wer sich ans Steuer setzt, für den muss ganz klar sein, welche Funktionen an Bord sind und wie sie sich bedienen lassen. Wenn es wahrscheinlich ist, dass die Beschäftigten wechselnde Fahrzeuge steuern, dann müssen Sie zum sicheren Führen des Fahrzeugs unter Berücksichtigung der Besonderheiten des jeweiligen Fahrzeugs unterwiesen sein. Außerdem müssen sie die Chance haben, sich mit allen infrage kommenden Modellen vertraut zu machen. Hierfür müssen Unternehmerinnen und Unternehmer sowie Führungskräfte ihren Beschäftigten ausreichend Zeit zur Verfügung stellen.
Wissen vermitteln
Unternehmerinnen, Unternehmer und Führungskräfte müssen sich zudem für die Einweisung und für die Unterweisung ausreichend Zeit nehmen. Das Zusammenstellen wichtiger Informationen startet bei der Beschaffung neuer Fahrzeuge. „Nutzen Sie das Expertenwissen der Hersteller für die Einweisung in die Fahrzeuge. Laden Sie Trainer zu Ihren Schulungen ein, die direkt am Fahrzeug erklären, wie alles funktioniert“, sagt Eberhard Brunck, Fachreferent für Kurier-, Express- und Postdienste bei der BG Verkehr. Betriebsanleitungen sind eine sehr gute Informationsquelle. „Erkundigen Sie sich, ob die Hersteller Schulungsmaterial oder Videos zu den einzelnen Fahrzeugtypen anbieten.“
Dieses Material nützt allerdings nur dann etwas, wenn ganz klar ist, welche Ausstattung im jeweiligen Fahrzeug wirklich verbaut ist. Vorsicht bei Formulierungen wie „ausstattungsabhängig“ oder „je nach Ausstattung“ in der Betriebsanleitung. „Informieren Sie sich, welche Ausstattung ganz konkret verbaut ist“, sagt Brunck. Hersteller- oder Händlerinnen und Händler können die genaue Ausstattung aufschlüsseln. So ist sicher, dass die bereitgestellten Informationen exakt zum verwendeten Fahrzeug passen. Einige Hersteller bieten Betriebsanleitungen als App an, die bereits auf das spezifische Fahrzeug zugeschnitten sind. Passgenau von den Fuhrparkverantwortlichen zusammengestellte Unterlagen sind ein Zeichen von Wertschätzung und motivieren eher dazu, die Technik und die Inhalte verstehen zu wollen.
Unterweisung
Die Herstellerinformationen helfen auch beim Auf-frischen des Wissens in den regelmäßigen Unterweisungen. „Dabei zählt vor allem der Praxisbezug“, sagt Fachreferent Heßner. Gehen Sie mit Ihren Beschäftigten direkt an die Fahrzeuge und binden deren Erfahrungen mit ein.“ Sein Tipp: „Thematisieren Sie in der Unterweisung, dass es unterschiedliche Ausstattungsmerkmale von Fahrzeugen geben kann, und stellen Sie für jedes Fahrzeug die spezifischen Informationen zur Verfügung.“ Vielleicht haben einige Fahrerinnen und Fahrer auch besonders viel Erfahrung mit einzelnen Fahrzeugtypen? Dann binden Sie diese als Ansprechperson bei Fragen mit ein, fördern Sie den Austausch. Ob Einweisung oder Unterweisung: Das Wichtigste ist am Ende, dass alle die Inhalte verstanden haben.
Moritz Heitmann
Redaktion SicherheitsProfi
- Wechsel unterwegs
Kommunikation: Bei der Fahrzeugübergabe unterwegs Informationen über Mängel und Besonderheiten weitergeben. - Rechtslenker
Ist bei Kehrmaschinen oder Zustellfahrzeugen das Lenkrad auf der „falschen“ Seite, bedeutet das eine Umstellung im Vergleich zum Privatfahrzeug. - Feststellbremse
Immer die Feststellbremse betätigen! Die elektronische Feststellbremse funktioniert nicht bei allen Fahrzeugen automatisch. - Assistenzsysteme
Bedienung und Systemgrenzen sind selbst beim selben Hersteller nicht immer gleich. - Mietfahrzeug
Im Starkverkehr müssen angemietete Fahrzeuge die Flotte verstärken. Zurrösen und Trittstufen
können fehlen. - Ersatzfahrzeug
Bei Reparaturen stellt die Werkstatt einen Ersatz zur Verfügung. Ausstattungsumfang vorab klären. - Springer
Sicherstellen, dass spontan eingesprungene Fahrerinnen und Fahrer mit dem Fahrzeug vertraut sind.
Weiterführende Informationen
Einkaufsratgeber für gewerblich genutzte Fahrzeuge
www.bg-verkehr.de
Unterweisungskarte G9
Fahrerassistenzsysteme
www.bg-verkehr.de