Den ersten motorisierten Omnibus baute Carl Benz 1895 in einer kleinen Werkstatt in Mannheim. Dort wurde selbstverständlich auch repariert. Heute findet die Produktion in großen europäischen Werken statt und ist in vielen Arbeitsschritten automatisiert. Repariert und gewartet wird allerdings immer noch häufig vor Ort. Von Hand und manchmal auch von Menschen, die keine Spezialisten auf diesem Gebiet sind.
Gefährlich, riskant und vermeidbar
„Wir erkennen in den Unfallanalysen oft, dass die Prozesse im Unternehmen nicht optimal laufen“, sagt Axel Güldenpfennig. „Nachlässigkeit und Zeitdruck sind klar unfallbegünstigende Faktoren. Fehlende Kenntnisse und unzureichende Unterweisungen tragen ebenfalls dazu bei, dass Unfälle passieren.“ Der Fachreferent für Omnibusbetriebe bei der BG Verkehr hat sich die Unfallmeldungen der letzten Jahre angeschaut. „Die häufigsten Unfallursachen sind ungeeignete Arbeitsmittel sowie nicht geeignete Arbeitsverfahren“, sagt er. „Aus Bequemlichkeit oder Zeitmangel weicht jemand von den Vorgaben ab. Bei der Unfalluntersuchung zeigt sich dann oft, dass gar keine Zeit eingespart wurde!“
Sicherheit kann man lernen
„Kultur der Prävention“ – das klingt für viele Menschen etwas hochtrabend. Dahinter verbirgt sich allerdings eine ganz pragmatische Überlegung der Führungsverantwortlichen: Ich will keinen einzigen Arbeitsunfall in meinem Unternehmen haben. Wie erreiche ich das? „Dazu müssen Sie die altbekannten, aber unverzichtbaren Maßnahmen der Prävention durchführen“, sagt Axel Güldenpfennig. Das sind:
- systematische Betrachtung von Gefahren, Risiken und Gegenmaßnahmen (Gefährdungsbeurteilung),
- regelmäßige tätigkeitsbezogene Unterweisungen,
- klare Arbeitsanweisungen,
- Nutzung der persönlichen Schutzausrüstung (PSA) sowie
- vorbildliches Verhalten der Führungskräfte.
Anders gesagt: Sicherheit entsteht nur, wo Menschen Verantwortung übernehmen, klare Regeln vorgeben und dafür sorgen, dass sich alle daran halten.
Ungeeignete Arbeitsmittel und Arbeitsverfahren
Ist das passende Werkzeug nicht zur Hand, wird gern improvisiert. Bequemlichkeit, Zeitmangel und Unkenntnis können fatale Folgen haben.
Explosion bei Reinigungsarbeiten
Ein Fahrer wollte den Motor seines Busses in der unternehmenseigenen Werkstatthalle gründlich reinigen. Von der Wartungsgrube aus versuchte er, den Zyklonabscheider der Abgasreinigungsanlage zu säubern. Dabei benutzte er unter anderem einen Akkuschrauber und einen hochentzündlichen Bremsenreiniger aus einer Spraydose. Als nach einem kräftigen Sprühstoß ein Funke aus dem Akkuschrauber das Gasgemisch traf, kam es zur Explosion. Der Busfahrer erlitt starke Verbrennungen an beiden Händen und Unterarmen.
Falsches Werkzeug
Ein Mechaniker war in der Werkstatt damit beschäftigt, die Teppiche für einen Bus zurechtzuschneiden. Um das dicke Material zu durchtrennen, nutzte er ein ein Cuttermesser. Als er versuchte, das Messer mit Kraft durch den Teppichboden zu ziehen, brach die Klinge. Der Mechaniker rutschte ab und schnitt sich mit dem Rest der Klinge tief in die linke Hand.
Spezialwerkzeug fehlt
Ein Busunternehmen verwendet zur Schneeräumung auf dem Betriebshof sowie als Dienstleistung für die Gemeinde einen Schneepflug. An der Federklappe mussten die Federn getauscht werden. Ein gelernter Kfz-Mechatroniker versuchte, sie mit einem Brecheisen in die Aufnahme zu hebeln. Ein Federspanner als passendes Spezialwerkzeug war nicht vorhanden. Eine Feder rutschte von der Brechstange. Die rechte Hand des Mannes wurde eingeklemmt und verletzt.
Sturz in die Arbeitsgrube
Die Verantwortlichen sollten klar regeln, wie man sich in der Halle bewegen darf (zum Beispiel nicht rückwärts).
Die Öffnungen von Arbeitsgruben und Unterfluranlagen müssen abgedeckt, mit Geländer umwehrt oder durch Ketten und Seile abgesperrt werden können. Darauf kann man verzichten, wenn die Gruben regelmäßig durch Fahrzeuge besetzt sind, der Zugang zur Werkstatt gesichert ist und nur unterwiesenes Personal dort arbeitet. Arbeitsgruben darf man nur an geeigneten Übergängen überqueren – nicht überspringen!
Abdeckung passt nicht
Ein Mechaniker, der auch als Busfahrer eingesetzt wurde, stellte sein Fahrzeug über der Arbeitsgrube ab, um eine Reparatur am Heck des Busses durchzuführen. Der Mechaniker stand bei der Arbeit auf einem Rost, der allerdings die Grube nicht vollständig abdeckte. Als er nach einer Weile einen Schritt rückwärts machte, stürzte er in die Grube. Wegen eines Beckenbruchs war er erst nach Monaten wieder voll einsatzfähig.
Tritt ins Leere
Am Abend machte ein Busunternehmer einen letzten Rundgang. Kurz vor dem Überqueren des Übergangsstegs über die Arbeitsgrube in der Werkstatthalle fragte er sich, ob die Hallentür wirklich geschlossen sei. Im Gehen wandte er sich um und schaute zurück. Daraufhin verfehlte er mit dem Fuß den Steg und stürzte in die Grube. Ein Bruch und mehrfache Bänderrisse an der Schulter machten ihn wochenlang arbeitsunfähig.
Sturz in die Arbeitsgrube
Ein Busfahrer stellte seinen Bus nach Dienstschluss in der Garage ab und machte sich auf den Weg ins Büro. Als Garage nutzt die Firma ein ehemaliges Werkstattgebäude, in dem sich auch eine Arbeitsgrube befindet, die gelegentlich für kleinere Wartungsarbeiten verwendet wird. An beiden Enden der Grube ist ein Abstand von circa einem Meter zu den Außenbegrenzungen vorhanden. Dieser Bereich ist als Verkehrsweg für die Fahrer festgelegt. Darauf wird in Unterweisungen hingewiesen. Die Arbeitsgrube wird normalerweise nicht abgedeckt, sondern mit Ketten abgesperrt, wenn kein Bus darauf steht. Am Unfalltag war diese Absperrung jedoch nicht vorhanden. Der Fahrer ging zu dicht an der Grube vorbei, trat mit dem linken Fuß ins Leere und stürzte hinein. Dabei brach er sich mehrere Rippen und erlitt Prellungen an den Beinen.
Arbeitsgrube nicht abgedeckt
Um einen Reisebus in der Werkstatt zu waschen, nahm ein Busfahrer die Sprühlanze des Hochdruckreinigers von der Wand. Er bewegte sich langsam rückwärts Richtung Bus, während er den Schlauch abwickelte. Dabei dachte er nicht mehr daran, dass die Arbeitsgrube am Heck des Busses offen und ungesichert war, und stürzte rückwärts in die Grube. Wegen der Verletzungen am Rücken fiel er für längere Zeit aus.
Absturzunfälle von Leitern
Bei diesen Unfällen sind meist Leitern im Einsatz, die beschädigt, für die Arbeitsaufgabe nicht geeignet oder nicht standsicher aufgestellt sind. Zeitdruck verschärft das Problem.
Die Norm für Leitern DIN EN 131 wurde im Jahr 2018 geändert. Seitdem müssen Anlegeleitern, die länger als drei Meter sind, eine vergrößerte Mindeststandbreite haben (Quertraverse oder konische Bauweise). Traversen können bei alten Leitern nachgerüstet werden.
Bei der Beschaffung von Leitern ist zu beachten: Die Norm unterteilt Leitern in die Klassen „Professional“ (gewerblich) und „Non-professional“ (privat). Nur Leitern der Klasse „Professional“ sind für den gewerblichen Einsatz zugelassen.
Falsch gewählte Leiter
In einem Reisebusunternehmen hatte ein Mitarbeiter den Auftrag, eine zersplitterte Seitenscheibe am Omnibus auszubauen. Zunächst entfernte er die Fensterdichtung der Scheibe. Einen Teil der Gummidichtung konnte er vom Hallenboden aus erreichen. Anschließend stieg er mit dem Multimesser auf eine 1,5 Meter hohe Stehleiter und arbeitete weiter. Als er auf der vorletzten Stufe der Leiter stand und die Gummireste mit der linken Hand abzog, verlor er das Gleichgewicht und stürzte zu Boden. Dabei zog er sich einen Fersenbeinbruch am rechten Fuß zu. In der Werkstatt stand auch eine Podestleiter zur Verfügung. Warum er sie nicht eingesetzt hatte, konnte der Verletzte später nicht erklären. Eine entsprechende Unterweisung hatte er wenige Monate vorher erhalten.
Sturz von Leiter
Busfahrer W. bereitete kurz vor Feierabend seinen Bus in der betriebseigenen Waschanlage zur Wäsche vor. Dazu müssen die Außenspiegel eingeklappt werden. W. stellte in Eile eine Leiter an. Als er sich zu dem Spiegel beugte, stürzte die Leiter um und er fiel auf den Betonboden. Die Folge waren schmerzhafte Prellungen an Knie und Schulter.
Nach Fehltritt gestürzt
In der betriebseigenen Werkstatt eines Busunternehmens wollte H. etwas im oberen Bereich einer Busfahrerkabine reparieren. Dafür benutzte er einen Tritt. Eine Unachtsamkeit führte dazu, dass H. nach einem Schritt nach hinten auf sein Steißbein fiel. Wegen der starken Prellung war er mehrere Tage lang arbeitsunfähig.
Nachlässigkeit
Bekannte Sicherheitsmaßnahmen werden im Alltag oft missachtet. Die Führungsverantwortlichen müssen gegensteuern, bevor es zu einem Unfall kommt.
Fehlende Absprachen
Ein Busfahrer hatte vor, die Funktion der Scheibenwischanlage an seinem Fahrzeug zu überprüfen, um eine Leckage ausfindig zu machen. Er bat einen Kollegen um Unterstützung. Dieser sollte auf Zuruf die Scheibenwischer in Bewegung setzen. Als sie anliefen, befand sich die Hand des Fahrers hinter dem Gestänge und wurde dort eingeklemmt. Obwohl der Kollege die Anlage sofort stoppte, trug der Fahrer erhebliche Verletzungen davon.
Arbeit bei laufendem Motor
In der Waschhalle wollte ein Busfahrer mithilfe eines Prügeräts den Fehlerspeicher im Fahrzeug auslesen. Er ließ den Motor laufen und allmählich stieg die Kohlenmonoxikonzentration in der Halle an. Kurze Zeit später betrat zufällig der Vorgesetzte den Raum und sah den Fahrer lautlos zusammen-sacken. Er holte rasch Hilfe und zu zweit trugen die Männer den Busfahrer ins Freie. Wäre der Fahrer erst später bemerkt worden, hätte er den Vorfall wahrscheinlich nicht überlebt.
Fehler bei Reparatur
In der betriebseigenen Werkstatt eines Reisebusunternehmens bekam ein Schlosser den Auftrag, den zerschlissenen Luftfederbalg eines Omnibusses zu ersetzen. Der Schlosser ging davon aus, dass der Federbalg drucklos sei, solange der Antriebsmotor des Busses ausgeschaltet bleibt. Deswegen schnitt er den Federbalg mit einem Messer auf. Da der Balg noch unter Druck stand, schleuderte der Arm des Mannes so heftig nach hinten, dass die Sehne in der Schulter abriss. Diese Verletzung führte zu einer längeren Arbeitsunfähigkeit. Eine Gefährdungsbeurteilung für Arbeiten in der Werkstatt gab es in dem Unternehmen nicht.
Missglückte Pause
Der Werkstattmitarbeiter G. arbeitete ohne Handschuhe an einem Fahrzeug. Vor der Pause reinigte er seine öligen Hände mit unverdünntem Bremsenreiniger, obwohl Hautreinigungsmittel zur Verfügung standen. Danach ging G. nach draußen und zündete sich mit einem Feuerzeug eine Zigarette an. Es kam zu einer Verpuffung, die bei dem Mitarbeiter schwere Verbrennungen am Gesicht und an den Händen verursachte.
Dorothee Pehlke
Redaktion SicherheitsProfi
»Wer die Sicherheitskultur im Betrieb verändern will, sollte richtiges Verhalten loben und Fehlverhalten nicht durchgehen lassen, sondern sofort ansprechen.«