Luftaufnahme eines überfüllten Lkw-Rastplatzes an einer Autobahn
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Millionen Beschäftigte sehen ihrem Feierabend normalerweise freudig entgegen. Doch für Lkw-Fahrerinnen und -Fahrer, die auf dem deutschen Autobahnnetz unterwegs sind, ist dann Stress angesagt. Sie müssen für die tägliche Ruhezeit einen geeigneten Platz für ihr Fahrzeug und sich selbst suchen. Das ist kein Selbst-gänger. Laut einer Studie des Bundesamts für Straßenwesen (BASt) fehlen entlang der Bundesautobahnen 23.000 Lkw-Stellplätze, laut Bundesverband Güterkraftverkehr Logistik und Entsorgung (BGL) fehlen sogar 40.000 Stellplätze.

In der Praxis sieht die Stellplatzsuche folgendermaßen aus: Ungefähr 90 Minuten vor Ende der täglichen Fahrzeit fangen Fahrerinnen und Fahrer nach Aussage von Fachleuten an, über die Stellplatzsuche nachzudenken. Biegen sie zu früh auf eine Rastanlage ab, weil dort Stellplätze zur Verfügung stehen, verschenken sie wertvolle Fahrzeit. Reizen sie die Fahrzeit bis zuletzt aus, laufen sie Gefahr, auf einer hoffnungslos überlasteten Rastanlage zu landen.

Dann bleibt nur die Wahl zwischen zwei Übeln. Entweder krass verkehrswidrig im Ein- oder Ausfahrtsbereich parken oder weitersuchen und die zulässige Lenkzeit überschreiten. Beides bedeutet ein Bußgeld und ist gefährlich. „Man schläft schlecht“, sagt ein Fahrer in einer Reportage des NDR-Fernsehens. Er hatte seinen Lkw im Einfahrtsbereich auf dem Rasthof Buddikate an der A 1 abgestellt. Die Anlage in Schleswig-Holstein hat 31 Lkw-Stellplätze, ist aber laut einer Erhebung des Automobilclubs Europa mit bis zu 56 Lkw belegt. „Jedes Mal, wenn ein Sattelzug vorbeifährt, wackelt das Fahrerhaus. Und es bleibt die Angst, dass jemand meinen Auflieger übersieht und in ihn reinfährt. Morgens bin ich völlig gerädert“, sagt der Fahrer.

Auch die Suche nach einem besseren Parkplatz birgt Risiken: Frust baut sich auf, die Fahrweise wird riskanter und eine Suche abseits der Autobahn erfordert Wendemanöver. Deshalb rücken Fahrerinnen und Fahrer auch auf den Parkplätzen zusammen bis zu den Grenzen des Erträglichen. Der ACE nennt Beispiele: Die Rastanlage Brönninghausen an der A 2 bei Bielefeld ist bis zu 338 Prozent überbelegt.

Einfachste Infrastruktur fehlt

„Zudem ist die mangelhafte Verfügbarkeit von Stellplätzen nur ein Teil des Problems“, berichtet Martin Küppers, Leiter Regelwerk und Arbeitssicherheit bei der BG Verkehr. Auf Parkplätzen abseits der bewirtschafteten Rasthöfe fehlt oft einfachste Infrastruktur wie Duschen, Zugang zu fließendem Wasser oder sogar Toiletten. „Dazu kommt der Sicherheits-aspekt“, wie Küppers betont. Auf entlegenen Plätzen drohen Überfälle, Übergriffe sowie Kraftstoff- und Ladungsdiebstahl.

Die Politik hat das Thema mittlerweile aufgegriffen. Im Koalitions-vertrag ist der Ausbau der Sanitär-Infrastruktur auf Park- und Rastplätzen an Bundesautobahnen mit kostenfreiem Zugang vereinbart. Das Bundesministerium für Verkehr hat vor Kurzem einen Fünfpunkteplan aufgestellt, der Entlastung bringen soll (siehe Kasten).

Neubau stößt an Grenzen

Der Weg zu neuen Parkflächen ist allerdings steinig. Wo neue Lkw-Rastanlagen geplant werden, formiert sich Widerstand bei Anwohnenden, die um ihre Sicherheit oder ihren Nachtschlaf fürchten. Das verzögert, verteuert oder verhindert Neubauten. Und wollte man das Problem allein über Bauvorhaben lösen, müssten Planende und Baufirmen mehr als eine Schippe drauflegen: Bei gleichbleibender Baugeschwindigkeit würde es mehr als 30 Jahre dauern, bis der aktuelle Mehrbedarf von 40.000 Lkw-Stellplätzen gedeckt ist. 

Deshalb verfolgt die Politik weitere Stoßrichtungen. Der Einsatz von Telematiksystemen soll Lkw-Fahrende bei der Suche nach freien Parkkapazitäten unterstützen. Hierzu gibt es eine Reihe interessanter Projekte – beispielsweise SOLP (Smart Optimized Lorry Parking), dessen Ergebnisse während der Transport Logistic vom Konsortialführer Blue Consult vorgestellt wurde. Das Ergebnis von SOLP ist ein KI-gestütztes Prognosesystem. Es informiert Lkw-Fahrende sowie die Disposition bis zu zwei Stunden im Voraus über freie Stellplätze entlang der genutzten Lkw-Routen. Der Service soll im dritten Quartal 2025 für rund 950 Parkanlagen zur Verfügung stehen. Derzeit ist der Prognosedienst in der Online-Plattform Wedolo des BGL, der Kravag und der SVG integriert. Die Integration in weitere Telematikdienste soll folgen.

Echtzeitdaten zur Parkplatzbelegung

In die Pilotphase gestartet ist der Stellplatzinformationsdienst (SID) des Mautbetreibers Toll Collect. Das System liefert ab sofort Echtzeitdaten zur Belegung von Lkw-Stellplätzen auf mehr als der Hälfte der rund 1.900 öffentlichen Rastanlagen an deutschen Autobahnen. Möglich macht dies die direkte Anbindung der Mautdaten über Toll Collect an die Mobilithek, die zentrale Plattform für Mobilitäts- und Verkehrsdaten in Deutschland.

„Zum Jahreswechsel binden wir alle verbleibenden öffentlichen Rastanlagen an den Autobahnen ein. 2026 soll dann auch die schrittweise Einbindung von Belegungsdaten von privaten Parkraumanbietern wie zum Beispiel Autohöfen beginnen. Damit zeigen wir zusätzliche Alternativen für das Lkw-Parken in Autobahnnähe auf“, sagt Mark Erichsen, Vorsitzender der Geschäftsführung von Toll Collect.

Björn Helmke
Redaktion SicherheitsProfi