Ein Mann sitzt in einem Rollstuhl und wird eine Rampe hinauf in einen kleinen Transporter geschoben.
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Wir denken bei eingeschränkter Mobilität meist an Personen im Rollstuhl. Gibt es noch andere Situationen, auf die man vorbereitet sein sollte?

Matthias Koch: Im Grunde geht es um alle Fahrgäste, die körperliche oder geistige Behinderungen haben. Dazu gehören zum Beispiel auch Menschen mit einer Gehbehin­derung, mit hohem Übergewicht oder stark reduziertem Sehvermögen.

Was müssen die Teilnehmenden erfahrungsgemäß besonders üben?

Wir üben sehr gründlich die Sicherung eines Rollstuhls im Fahrzeug und das Anlegen des Sicherheitsgurts. Wir machen deutlich, wie man den Rollstuhl auf seinem Platz korrekt ausrichtet und Gurtlose vermeidet.

Nicht jeder Rollstuhl hat einen Adapter für den Kraftknoten.

Ja, das System muss bei der ärztlichen Ver­ordnung des Rollstuhls aufgeführt werden. Der Kostenträger prüft anschließend, ob der Rollstuhl als Fahrzeugsitz benötigt wird.

Die Sicherung ohne Adapter ist auch gestattet?

Ja, hat der Rolli keine Adapter, müssen Sie die Gurte, also die Retraktoren, an festen Rahmenteilen befestigen. Die richtigen Stel­len an zugelassenen Rollstühlen sind mit Karabinerhaken-Symbolen gekennzeichnet.

Wie lange dauert es ungefähr, eine Person im Rollstuhl zu sichern?

Wir haben das mal bei einem Kleinbus ge­stoppt: Mit Kraftknoten etwa fünf Minuten, ohne etwa acht. Im Pkw mit Heckausschnitt geht es etwas schneller.

Welche Ausstattung ist unverzichtbar, um ein Inklusionstaxi fahren zu können?

Das beschreibt die Norm DIN 75078. Unter anderem geht es um die Innenhöhe, Rück­haltesysteme und Auffahrrampen. Mittler­weile bieten viele Hersteller Fahrzeuge mit normgerechten Ausbauten an. Wir emp­fehlen, über die Norm hinauszugehen und zusätzlich Kopf- und Rückenstützen ein­bauen zu lassen.

Ein Anschnallgurtschloss an einem Rollstuhl
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Wie ist das mit dem London-Taxi?

Dieses Modell ist nur bedingt geeignet: Das Fahrpersonal muss den Rollstuhl im Taxi um 90 Grad drehen, anschließend die Spanngurte in die Mono-Fittinge am Boden einhän­gen und am Rollstuhl vorn und hinten sichern. Da es sehr eng ist, befindet man sich dabei vorübergehend in einer Zwangshaltung.

Die Fläche zum Drehen des Rollstuhls reicht für einen manuellen Standardrollstuhl aus, aber nicht immer für Sonder- oder E-Roll­stühle. Es ist Vorschrift, dass der Rollstuhl in Fahrtrichtung ausgerichtet ist, deswegen müssen Gäste in größeren Rollis abgewie­sen werden.

Sind in Sachen Rollstuhl-Sicherung noch Lösungen der Marke Eigenbau unterwegs?

Die sind sehr selten geworden und fallen schnell auf. Ich kann nur davon abraten, selbst etwas basteln zu wollen.

Sie meinen etwas Bestimmtes?

Besonders problematisch sind nicht zu­gelassene Gurtverlängerungen oder Gurt­schlossadapter, die im Internet angeboten werden. Geprüfte, zugelassene Gurte ver­lieren ihre Betriebserlaubnis, wenn sie auf diese Weise verändert werden!

Sehen Sie sonst noch typische Gefährdungen?

Das muss die Unternehmensleitung beurtei­len. Da werden je nach Auftrag und Einsatz­gebiet verschiedene Punkte zusammenkom­men. Liegt die „Haltestelle“ zum Beispiel an einem Ort mit viel Verkehr, ist es sinnvoll, beim Ein- und Aussteigen eine Warnweste oder Warnjacke zu tragen.

Eine Frage zum Schluss: Glauben Sie, dass es Berührungsängste gibt, etwa bei der Beförderung von Menschen mit Behinderungen?

In den Seminaren erleben wir das Gegenteil: also großes Interesse und Offenheit. Wenn die Unternehmensleitung vorlebt, dass es eine Herzensangelegenheit ist, Menschen jederzeit sicher im Inklusionstaxi zu beför­dern, wird das auch auf die Beschäftigten ausstrahlen. Darüber hinaus sind spezielle Schulungen denkbar, um Hemmungen abzu­bauen, etwa bei der Ansprache der Fahrgäs­te mit geistigen Behinderungen.

Herr Koch, ganz herzlichen Dank für dieses Gespräch.

Dorothee Pehlke
Redaktion SicherheitsProfi